Mahamoudou erzählt


Guten Tag liebe Freundinnen und Freunde!
 
Ich möchte euch hier aus dem Leben in Laongo erzählen und stelle euch Menschen aus unserem Dorf vor.
 
Ihr werdet sehen – die meisten Einwohner von Laongo heißen Tapsoba. Warum ist das so?
 
Das ist eine wirklich sehr lange Geschichte, – ich schreibe für euch mal eine kurze Zusammenfassung, die findet ihr ganz unten auf dieser Seite.
 
Euer Mahamoudou Tapsoba

Hadiguèta Tapsoba

Hadiguèta Tapsoba wurde 2006 in Laongo geboren. Sie hat zwei Schwestern, die nicht zur Schule gehen, einen großen Bruder, einen kleinen Bruder und eine kleine Schwester. Sie hat Glück –  im Alter von  5 Jahren wird sie eingeschult. Sie ist Intelligent und mutig, ist immer die Klassenbeste und bei ihrer Lehrerin sehr beliebt. Nach 6 Jahren Primarschule erhält sie ihren Schulabschluss (CEP) als drittbeste Schülerin der Provinz Oubritenga.

Auf dem Gymnasium ist  sie weiterhin fleißig und gehört zu den besten Schüler*innen.

Ihre Eltern sind sehr arm. Hadiguèta träumt davon, eines Tages eine Stelle im sozialen Dienst zu bekommen. Sie will ihre Familie unterstützen und dafür kämpfen, dass alle Mädchen eine Schulbildung erhalten. Denn ihre beiden älteren Schwestern gehen deshalb nicht zur Schule, weil die Eltern das nicht wollen.

In diesem Jahr besucht Hadiguèta die 3. Gymnasiumsklasse, im nächsten Jahr wird sie das Abschlussexamen der Sekundarstufe 1 ablegen.

Sie wünscht sich eine echte, freundschaftliche Beziehung mit einer deutschen Brieffreundin ihres Alters, die auch das Lernen und die Schule mag.

Rasmané Tapsoba

Rasmané Tapsoba ist 1989 in einer großen Familie von Laongo geboren. Seine Mutter starb 1990. Als er 7 wurde, hat sein Vater ihn in der Schule angemeldet. Rasmané war ein sehr intelligenter Schüler. Er lernte fleißig, er wollte Erfolg im Leben haben und seine  Familie versorgen  können. Nach 6 Jahren Grundschule in Laongo erhält Rasmané sein Abschlussdiplom (CEP) und kommt aufs Gymnasium von Ziniaré. Er ist sehr froh dort zu sein. Sein Traum scheint Wirklichkeit zu werden.

Doch nach 2 Jahren leidet er permanent unter Schmerzen. Sein Vater ist schon alt und hat kein Geld für eine  Untersuchung im Krankenhaus. Trotz andauernder Schmerzen geht Rasmané weiter zur Schule. Er macht sich große Sorgen wegen seiner Krankheit und hat Angst, dass sein Traum vom Studium zerplatzt. Dennoch hofft er, eines Tages geheilt zu sein.

Aber sein Zustand verschlimmerte sich, schließlich kann er kaum noch schreiben, weil er am ganzen Körper zitterte. Seine Zukunftsträume sind zerbrochen. Er muss die Schule verlassen und ohne Geld kann er sich nicht medizinisch untersuchen lassen. Sein Vater ist vor 3 Jahren verstorben.

Finanzielle Hilfe von deutschen Freunden ermöglicht dann doch eine Untersuchung. Ergebnis: seine Krankheit ist leider unheilbar. Zurzeit und nimmt Rasmané ständig Schmerzmittel.

Oumarou Tapsoba

Oumarou Tapsoba wurde 1965 in Laongo geboren. Schon 2 Jahre später starb seine Mutter. Als er 10 Jahre alt war, schickte ihn sein Vater in ein 400 Km entferntes Dorf, damit er die Koranschule besuchen konnte. Er lernte dort mit über 40 weiteren Schülern aus anderen Städten und Dörfern. Der Meister überließ den Schülern ein großes Feld, das sie bestellen konnten. Jede Nacht machte Oumarou ein Holzfeuer, um die Koranverse lesen und lernen zu können. Die Schüler gingen von Dorf zu Dorf und bettelten um Essen.

Nach 4 Jahren kehrte Oumarou zu seinem Vater und zur Familie zurück, um ihnen bei der Feldarbeit zu helfen. Mit 20 Jahren ging er in die Elfenbeinküste und arbeitete dort auf den Kakao- und Kaffee-Plantagen. Er blieb mehrere Jahre und konnte einige Felder kaufen.

Als er zu Besuch in sein Dorf zurückkam, war er sehr froh, seine Eltern wieder zu sehen. Diese hatten in der Zwischenzeit Verwandte unterstützt, die in Schwierigkeiten waren. Oumarou heiratete und ging mit seiner Frau in die Elfenbeinküste zurück. Er wurde zur großen Hoffnung  seiner Familie. Er half, wenn jemand krank war und unterstützte die große Familie mit Nahrungsmitteln. Nach dem Tod seines Vaters kehrte er zurück um die Beerdigung zu organisieren.

Dann erlitt er einen Schlaganfall und wurde im Krankenhaus in der Elfenbeinküste behandelt. Er war teilweise gelähmt. Seine Familie musste seine Felder verkaufen. Inzwischen sind alle nach Laongo zurückgekehrt. Heute leidet Oumarou sehr. Seine Frau handelt mit Soumbala um die Familie zu unterhalten. Oumarou hat 8 Kinder, die alle in die Schule gehen. Er und seine Frau sind ständig in Sorge.

In der Vergangenheit hat Oumarou hart gearbeitet und seine große Familie war ihm sehr dankbar für seine Fürsorge. Wir wollen für ihn Geld sammeln damit er seine Medikamente bezahlen kann.

Abdoul Nouridine

Abdoul Nouridine wurde am 10 November 2002 in einer großen Familie in Laongo geboren. Mit 7 Jahren kam er in die Grundschule von Laongo. Nach 6 Jahren bestand er die Abschlussprüfung und ging aufs Gymnasium.

Sein Vater hatte nicht das Glück gehabt, zur Schule gehen zu können. Aber er war damals Präsident der Jugendlichen und gemeinsam mit der Verwandtschaft organisierte er Tanzabende bei Dorffesten. Sie mieteten Musikgeräte in Ouagadougou und buchten einen Animateur. In den Klassenräumen wurde getanzt.
Bei jedem Fest wurde das Schulgebäude eingezäunt.  An einem Schalter mussten die Leute Eintritt bezahlen. Viele Männer und Frauen verkauften Waren neben dem Zaun. Getränke wurden  aus den Kellern in Ziniaré geholt und bei dem Fest verkauft. Es waren große Festveranstaltungen, die von 18 Uhr bis 4 Uhr morgens dauerten.

Laongo wurde berühmt für diese Abende. Viele junge Männer und Frauen kamen aus der Stadt Ziniaré und aus den Nachbardörfern. Man organisierte einen großen Markt, wo alle sich trafen und Waren anboten: Essen, Kleidung, Kuchen, Spielsachen, Säfte. Ein Ausrufer  warb für den Tanzabend. Monate lang sammelten die Jugendlichen Geld, um sich die Eintrittskarte leisten zu können. Von 18 bis 19 Uhr waren  Musik und Tanz für die Kinder umsonst. Um 19 Uhr wurden sie vom Sicherheitspersonal wieder hinter den Zaun geschickt und der Verkauf der Eintrittskarten fing an. Am Tag danach wurde Bilanz gezogen, Kosten bezahlt und mit dem Gewinn wurden Aktivitäten im Dorf unterstützt.

In diesem Kontext wuchs Abdoul Nouridine auf. Schon als kleiner Junge fing er an zu tanzen und zu singen. Auf dem Gymnasium nahm er an den von der Schülerschaft organisierten kulturellen Aktivitäten teil. Er verbesserte sich im Tanzen und Singen, sah sichRapper im Fernsehen  an und imitierte sie. 2020, also noch vor Corona, nahm er an einem Wettbewerb  in Ziniaré teil und wurde als bester jungendlicher Tänzer der Provinz gekürt.

Jetzt lernt er weiter auf dem Gymnasium, aber die Musik bleibt seine Leidenschaft. Sein Traum: ein großer Sänger  zu werden.  Auf einer Veranstaltung im Skulpturenpark sang er bei der Eröffnungs- und bei der Abschlussfeier. Der Kulturminister von Burkina gratulierte ihn und ermutigte ihn, einen Produzenten für ein erstes Album zu finden. Mit Ayouba Tapsoda und Loukmane gründete er eine eigene Band. Nouridine ist ein großer musikalischer Hoffnungsträger in Laongo. Alle waren von seinen Auftritten während der letzten  Wahlkämpfen  beeindruckt. Sein Künstlername ist Koza Euro.

Wir wünschen Nouridine, alias Koza Euro, alles Gute!

 

Alizèta Bougna

noch nicht gabHeute ist die 72-jährige Alizèta Mutter und Vater für die Familie. Ihr ältester Sohn ist 50 Jahre alt und von HIV-AIDS geplagt. Sie bekommt keinerlei Unterstützung aus irgendeinem Projekt, sondern ist abhängig vom guten Willen der Familie, von der sie allerdings nur moralischen Beistand erhält.

Ihr brennendster Wunsch ist es, endlich Unterstützung zu erhalten, um die gesundheitlichen und finanziellen Bedürfnisse ihrer Familie annähernd befriedigen zu können.

Alizèta ist eine mutige und kämpferische alte Frau und arbeitet immer noch auf den Feldern, um der Familie zumindest etwas Nahrung zu verschaffen. Früher hatte sie im Dorf die Rolle einer Weisen. Als es das Gesundheitszentrum gab, half sie den Frauen bei der Geburt. Bei den  traditionellen Tanzveranstaltungen hat sie die Kinder angefeuert – hat sie aber auch stets eindringlich ermahnt, in der Schule gut abzuschneiden. Denn sie möchte noch erleben, dass viele Dorfkinder eine gute Zukunft haben.

Alizèta Bougma kam vor 52 Jahren aus Matté, einem etwa 7 km entfernten Dorf, um einen Tapsoba in Laongo zu heiraten. Sie ist ca. 72 Jahre alt und seit 30 Jahren Witwe. Sie ist allein verantwortlich für die Hausarbeit, die Erziehung ihrer Kinder und das Wohlergehen ihrer Familie. Das bringt sie ans Ende ihrer Kräfte. Einige der Dorfbewohner versuchen ihr zu helfen, weil sie so unglücklich ist – aber das reicht bei weitem nicht aus. Die Dorfbewohner können nur begrenzt helfen,  weil die Bedürfnisse ihrer eigenen Familien sie fordern und belasten.

Alizètas ältester Sohn heiratete im Alter von 20 Jahren und bekam drei Kinder, die alle von Mutter Alizèta, dem Familienoberhaupt, abhängig waren. Ihre Familie ist eine der ärmsten im Dorf. Tatsächlich sind sie nicht in der Lage, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Alizèta betreibt Landwirtschaft und hat Kleinvieh, aber das reicht nicht aus, damit die Familie satt wird.

Alizèta ältester Sohn ging an die Elfenbeinküste, um dort zu arbeiten. Er hoffte, so besser für seine Familie sorgen zu können. Nach zehn Jahren kehrte er nach Laongo zurück.  Er war HIV positiv – eine zusätzliche Belastung für Alizèta.  Alter, Unterernährung und sozialen Probleme raubten ihr die letzten Kräfte. Dank der Unterstützung von Verwandten und Großfamilien konnte sie sich und ihre Familie vor der Erkrankung ihres Sohnes noch halbwegs über Wasser halten. Seitdem er an AIDS erkrankt ist, bleiben alle Helfer aus Angst vor einer Infektion weg.

Zur Erinnerung: um die 2000er Jahre war HIV-AIDS in Afrika noch nicht so bekannt und die mit dieser Krankheit lebenden Menschen wurden stigmatisiert. Auch Alizèta war nun mit Vorurteilen und stereotypen Denkweisen  konfrontiert. Dies hat dazu beigetragen, dass die Dorfbewohner Alizèta eher meiden und hat die Familie demoralisiert.

 

Warum so viele Bewohner von Laongo Tapsoba heißen

Tapsoba bedeutet Besitzer des Pfeils. Unsere Urgroßeltern waren Geurriers, d.h. Krieger, die für die Erhaltung ihres Königreichs kämpften. Vor der Kolonialisierung gab es keine Feuerwaffen. Unsere Urgroßeltern beherrschten die Technik der Herstellung  traditioneller Pfeile, die für die Sicherung des großen Königreichs der Ethnie der Mossi gedacht waren. Deshalb wurden sie Besitzer des Pfeils genannt, und das heißt in der Sprache der Mossi Tapsoba.

Warum heißen die meisten Einwohner von Laongo Tapsoba? Die Geschichte beginnt im Jahr 1220 mit der Gründung des Königreichs Oubritenga beginnt – so heißt heute noch die Provinz, in der Laongo liegt. Es bedeutet: das Land von Oubri.

Oubri jedenfalls hatte einen kleinen Bruder, dem er einen Teil seines Landes gab; er hieß Wega und gründete ebenfalls ein Königreich in dem Gebiet von Laongo. Hier wurden dann die Pfeile hergestellt, und die Einwohner von Laongo waren also die Besitzer der Pfeile. Er verfügte, dass alle seine Nachkommen den Namen Tapsoba tragen sollten.

Im Laufe der Zeit haben sich noch andere Ethnien im Gebiet von Laongo und Ziniaré angesiedelt, die andere Nachnamen mitbrachten. Vor ca. 200 Jahren kam – z.B. die Familie Tiendrebeogo , die Ethnie der Peulh vor ca. 100 Jahren mit dem Familiennamen Sinaré. Es kamen viele Frauen aus anderen Dörfern, die nach Laongo heirateten – sie brachten z.B. den Familiennamen Ouedraogo mit, der bedeutet: böses Pferd. Die Vorfahren hatten das Pferd als Transportmittel zum Kriege führen oder Reisen benutzt. Es gibt auch den Familiennamen Sawadogo, was so viel wie Wolken heißt: Die Vorfahren brachten Opfer, um in der Trockenzeit etwas Regen zu bekommen.

Heute gibt es noch weitere Familiennamen in Laongo, aber der häufigste ist immer noch Tapsoba.

Übrigens: es gibt auch einen ganz guten Fußballspieler von Bayer Leverkusen, er heißt: Edmond Tapsoba.